Hilferuf an Schule - Ex-Rektor empfiehlt klare Regeln
Zu wenig Lehrer und zahlreiche Schüler, die kaum oder schlecht Deutsch sprechen und gegen Schulregeln verstoßen: Diese Probleme schildern Lehrer einer Berliner Schule. Nun gibt es Ratschläge.
SCHULEN.DE veröffentlicht regelmäßig aktuelle Beiträge zu den Themen Schule, Lernen, Travel und Internate. Unsere Redakteure sind Tag für Tag auf der Suche nach interessanten Themen für dich.
Mittwoch, 24. November 2021
In den vergangenen 16 Jahren hat sich die Zahl der neuen Azubis in Thüringen fast halbiert. Die Unternehmen im Freistaat wollen gegensteuern - mit teils kreativen Ideen für die Berufsorientierung.
Erfurt/Gera/Suhl(dpa/th) - Roboterarme bauen, ein Aktionstag mit einer Influencerin oder eine Matching-Plattform für Schüler und Unternehmen: Mit kreativen Ideen versucht die Thüringer Wirtschaft, den Schwund bei den Auszubildenden abzufedern. «Die Demografie hat eingeschlagen», sagte ein Sprecher der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostthüringen im Rahmen einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Daher habe man seit 2011 Aktionen ins Leben gerufen, um dem entgegenzuwirken.
In Ostthüringen etwa arbeiten Unternehmen und Schulen eng zusammen, sagte der Sprecher. So bietet die IHK eine nach eigenen Angaben bereits deutschlandweit ausgezeichnete Robotik-AG an, in der «die Schüler mit den Unternehmen zusammen zum Beispiel einen Roboterarm bauen».
Die Pandemie habe die Berufsorientierung im Handwerk «vor Hürden gestellt», sagte auch der Präsident der Handwerkskammer (HWK) Erfurt, Stefan Lobenstein. So galt es laut Lobenstein die Schüler dort abzuholen, wo sie in den vergangenen Monaten noch häufiger waren als vor der Pandemie: an ihren Mobiltelefonen. Dank neuer Apps, der Ausbildungsplatzhotline oder Online-Sprechstunden konnten sie weiter individuell beraten werden.
Auch die IHK Ostthüringen habe im vergangenen Jahr digitale Formate zur Berufsorientierung kreiert, die auch unabhängig von der Pandemie enstanden wären, sagte der Sprecher. Ein Beispiel sei die Plattform «#matchday» - damit «können sich Unternehmen und die zukünftigen Auszubildenden durch Swipen, Matchen, Chatten ganz einfach verbinden», so die IHK. Die Plattform biete darüber hinaus die Möglichkeit, sich über Schülerpraktika oder Ferienjobs auszutauschen und ein «Date» mit dem Unternehmen zu vereinbaren.
Die IHK Südthüringen habe ebenfalls eine solche «matching» Plattform geschaffen, sagte eine Sprecherin. Zudem sei die IHK Südthüringen zusammen mit der IHK Erfurt bei der Organisation einer Veranstaltung mit einer Erfurter Influencerin beteiligt gewesen. «Die Influencerin war selbst mal Azubi als Kauffrau für Büromanagement und hat einen Live-Talk moderiert», bei dem sie unter anderen über ihren Werdegang gesprochen habe, sagte die Sprecherin.
Influencer sind Menschen, die über soziale Netzwerke Inhalte aus ihrem Leben, zu bestimmten Themengebieten, aber auch Werbung veröffentlichen. Durch zahlreiche, oft junge Menschen, die ihnen in den Netzwerken folgen, haben sie oft eine große Reichweite.
Diese Bemühungen zeigten Wirkung, hieß es von den Beteiligten. Zwar halbierte sich die Zahl der neuen Ausbildungsverträge im Freistaat von 18 700 im Jahr 2004 auf 9 500 im Jahr 2020 fast. Von 2017 bis zur Pandemie pendelte sie jedoch auf einem stabilen Niveau von rund 10 200. Das geht aus Zahlen des Thüringer Landesamts für Statistik hervor. Im vergangenen Corona-Jahr schlossen im Vergleich zu 2019 wieder 646 Menschen weniger einen Ausbildungsvertrag ab. Das habe an den fehlenden Ausbildungsmessen, aber auch an der Unsicherheit seitens der Unternehmen gelegen, so die IHK Erfurt und Südthüringen.
In diesem Jahr konnten bereits wieder einige kleinere Präsenzveranstaltungen zur Berufsorientierung stattfinden. Die IHK Erfurt habe so die «FuckUp-Night» in Präsenz ermöglicht. Im Rahmen dieser Veranstaltung sprechen Menschen über ihre schwierigsten beruflichen Momente, um aufzuzeigen, dass Scheitern ein wichtiger Baustein jeder Entwicklung sei, so die IHK Erfurt.
Für die Zukunft sind sich Thüringens Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammer einig: Das digitale Angebot könne die traditionellen Ausbildungsmessen oder Praktika nicht ersetzen. «Trotz aller Möglichkeiten der Digitalisierung ist und bleibt der persönliche Kontakt unerlässlich. Deswegen werden wir uns in Zukunft nicht hinter digitalen Angeboten verstecken, sondern einen attraktiven Mittelweg finden», hieß es von HWK-Präsident Lobenstein.