Hilferuf an Schule - Ex-Rektor empfiehlt klare Regeln
Zu wenig Lehrer und zahlreiche Schüler, die kaum oder schlecht Deutsch sprechen und gegen Schulregeln verstoßen: Diese Probleme schildern Lehrer einer Berliner Schule. Nun gibt es Ratschläge.
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Freitag, 20. März 2020
Laut einer aktuellen Studie des Zentrums für Angewandte Gesundheitswissenschaften der Universität Lüneburg wird fast jeder dritte Schüler in Deutschland Opfer von Mobbing.
Laut einer aktuellen Studie des Zentrums für Angewandte Gesundheitswissenschaften der Universität Lüneburg wird fast jeder dritte Schüler in Deutschland Opfer von Mobbing. Die anhaltenden Beschimpfungen und Schikanen erreichen oft ein Ausmaß, das für die Betroffenen unerträglich ist. Im schlimmsten Fall treiben sie das kindliche Opfer in den Selbstmord, wie unlängst an einer Berliner Grundschule geschehen.
Mobbing bedeutet "fertig machen": Der Täter quält das Opfer so lange verbal, seelisch oder/und körperlich, bis es sozial isoliert ist. Die Ausgrenzung geschieht subtil durch Ignorieren, Verbreiten von Gerüchten und Benachteiligen durch das Vorenthalten wichtiger Informationen oder offen: Die jungen Täter stellen ihr Opfer bloß, bedrohen, beschimpfen es oder misshandeln es physisch. Da Kinder ein geringeres Selbstbewusstsein als Erwachsene haben, suchen sie die Schuld bei sich selbst. Sie schweigen und hoffen, dass ihre Peiniger von allein aufhören. Da das aber nicht der Fall ist, ziehen sie sich immer mehr zurück. Sie versuchen, den Angreifern aus dem Weg zu gehen, was diese aber nur noch mehr anstachelt. Die dauernden Übergriffe verursachen
Das Gefühl, nichts gegen die mobbenden Mitschüler tun zu können, führt zum Rückzug aus bestehenden sozialen Beziehungen. Die schulischen Leistungen der Opfer verschlechtern sich. Fällt ihre zunehmende soziale Isolation Eltern und Lehrern nicht auf, kann es passieren, dass sie auf dem Höhepunkt ihrer Verzweiflung einen Selbstmordversuch unternehmen. Schüler, die physische Gewalt erleiden, versuchen oft, ihre Verletzungen als Ungeschicklichkeiten zu tarnen. Können sie ihren Peinigern nicht aus dem Weg gehen, erfinden sie gesundheitliche Beschwerden, um zu Hause bleiben zu können. Fehlt ihnen ständig Geld, werden sie meist von den Mobbern erpresst.
Zeigt Ihr Kind seit einiger Zeit eine oder mehrere der aufgeführten Verhaltensweisen, ist es neuerdings öfter krank, ohne dass der behandelnde Arzt eine konkrete Ursache findet, und wirkt es vor und nach der Schule angespannt und nervös, wird es höchstwahrscheinlich gemobbt. Trifft es sich nicht mehr mit Klassenkameraden und findet es ständig Ausreden, warum seine Schulsachen beschädigt sind, führen Sie vorsichtig ein klärendes Gespräch herbei. Außerdem ist es wichtig, Kontakt zum Klassen- oder Vertrauenslehrer aufzunehmen. Möglicherweise hat dieser die Mobbingvorfälle ja beobachtet. Außerdem erfahren Sie so, ob die Schule bereits dagegen vorgeht.
Teilen Sie Ihrem Kind behutsam mit, dass Sie wissen, dass es an der Schule Schlimmes erlebt und ermutigen Sie es, darüber zu reden. So zeigen Sie ihm, dass Sie sein Problem ernst nehmen. Bedrängen Sie es aber bitte nicht. Nehmen Sie unter keinen Umständen Kontakt zu den Tätern auf, weil Sie die Zwangslage Ihres Kindes damit noch verschlimmern. Sagen Sie ihm, dass die Täter für die Vorkommnisse verantwortlich sind. Traut es sich dann, darüber zu sprechen, reden Sie ihm gut zu. Außerdem ist es hilfreich, sein Selbstvertrauen zu stärken:
Ist Ihr Kind schon länger Außenseiter und massiver Gewalt ausgesetzt, kann es sich meist nicht mehr ausreichend gegen die Mobber wehren. Stellen sich Lehrer und Direktorium auch noch taub, lassen Sie Ihr Kind am besten beurlauben und nehmen es von der Schule. Nur so können Sie Schlimmeres verhindern.
Machen Sie Ihrem Kind bitte niemals Vorwürfe, dass es gemobbt wird. Und erziehen Sie es nicht zu streng, sondern geben Sie ihm einige Freiräume, in denen es seine eigenen Erfahrungen machen kann. Denn zu gehorsame Kinder sind Mobbingattacken gegenüber wehrlos. Erfahren Sie von den Angriffen, dramatisieren Sie sie nicht: Weinende Mütter und tobende Väter zeigen lediglich, dass sie der Situation hilflos gegenüberstehen. Kritisieren Sie Ihr Kind nicht, wenn es bei seinem Versuch, neue Dinge auszuprobieren, um selbstsicherer zu werden, Fehler macht. Hat es das selbst gesetzte Ziel erreicht, sagen Sie ihm, dass es auf seine Leistung stolz sein kann. Und richten Sie seine Aufmerksamkeit auf seine bisherigen Erfolgserlebnisse. Loben Sie aber nicht zu oft, weil es sonst seinen Wert daran misst, wie es auf andere wirkt. Arbeiten Sie stattdessen darauf hin, dass es selbst erkennt, wann es gut war.
Können Sie weder Lehrer noch Schulleitung zu einem Gespräch über die Gewalterfahrungen Ihres Kindes bewegen, kontaktieren Sie bitte sofort das zuständige Schulamt und den Schulpsychologischen Dienst. Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe bieten ebenfalls Beratungen für Mobbingopfer und ihre Eltern an. Kinder können anonym die kostenfreie Hotline 0800-1110333 (Handy: 116111) anrufen. Das Elterntelefon ist unter 0800-1110550 zu erreichen.
Autor: F.H. für SCHULEN.DE