Deutsch pauken statt Ferien? CDU löst Debatte um Sommerschule aus

Auch nach Jahren in der Schule sprechen viele Berliner Schüler nicht richtig Deutsch. Die CDU sieht nun die Zeit gekommen, neue Wege zu gehen.

Berlin (dpa/bb) - Berliner Schüler mit sprachlichen Defiziten sollen nach dem Willen der CDU besser Deutsch lernen, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. In einem Papier für eine Fraktionsklausur, die am Freitag in Thüringen begann, wird dazu eine «verpflichtende Summer-School für Kinder mit ungenügenden Deutschkenntnissen» vorgeschlagen. Sie solle in den Sommerferien stattfinden und «fester Bestandteil des deutschen Schulsystems werden». Am Samstag wollen die Abgeordneten das Papier beschließen. Bildungsverwaltung und Grüne lehnten den Vorstoß ab.

An Berlins Schulen gibt es viele Kinder mit ausländischen Wurzeln, die zum Teil schlecht Deutsch sprechen. «Es ist die richtige Zeit für neue Ansätze», sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion und Hauptautor des Papiers, Christian Gräff, der Deutschen Presse-Agentur. «Berlin fällt in der Bildungspolitik im Ländervergleich immer mehr ab.»

Nach Gräffs Vorstellungen sollte es die Sommerschule für Schüler ab der 2. Klasse geben. «Wenn dafür vier der sechs Ferienwochen aufgewendet werden, halte ich das für zumutbar.» Wer daran teilnehmen muss, solle in altersgerechten Tests festgestellt werden.

«Eine Zwangsbeschulung in den Ferien ist nicht sinnvoll», entgegnete Bildungsstaatssekretärin Beate Stoffers. «Wir haben bereits freiwillige Angebote für Schüler und Schülerinnen mit geringen Sprachkenntnissen durch die Feriensprachschulen», sagte sie der dpa. Der Vorschlag würde alle Familien in Berlin betreffen und einen harten Eingriff in das Familienleben darstellen. Die Frage sei auch, wer die Schüler unterrichten soll. «Auch Lehrkräfte brauchen Erholung.» Davon abgesehen gebe es erhebliche rechtliche Bedenken.

«Zwang und Druck haben noch keinem Kind die Lust am Lernen zurückgebracht», gab die Grünen-Bildungspolitikerin Marianne Burkert-Eulitz zu Bedenken. «Alle Kinder haben laut UN-Kinderrechtskonvention, die auch für Berlin verbindlich ist, ein Recht auf Ruhe, Freizeit und Spiel, ein Recht auf Ferien.» Eine Summerschool könne allenfalls ein freiwilliges Angebot sein.

Hintergrund des CDU-Vorstoßes sind schlechte Leistungen von Berliner Schülern in bundesweiten Vergleichstests. So ergab der Test Vera für Schüler der dritten Klassenstufe, dass rund die Hälfte der Berliner Teilnehmer bei der Rechtschreibung nicht einmal die Mindestanforderungen erfüllte. Beim Lesen war es rund ein Drittel.

Es häufen sich auch Klagen aus der Wirtschaft über Schulabgänger, denen Kernkompetenzen wie eine gute Beherrschung der deutschen Sprache fehlten. 2018 hatten sieben Prozent der Berliner Schulabgänger nach der 10. Klasse gar keinen Abschluss, an den Integrierten Sekundarschulen und Gemeinschaftsschulen lag die Quote bei 13 Prozent.

Oft sind Schüler mit ausländischen Wurzeln betroffen, die an vielen Berliner Schulen mittlerweile in der Überzahl sind. Laut Bildungsverwaltung waren zuletzt in 44 Prozent der Grundschulen, 40 Prozent der Sekundarschulen und 20 Prozent der Gymnasien jeweils mindestens die Hälfte der Schüler nichtdeutscher Herkunft. Diese müssen nicht zwingend schlecht Deutsch sprechen. Oft ist das aber so und sorgt an etlichen Schulen für erhebliche Probleme.

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hatte Anfang des Jahres eine «Qualitätsoffensive» an den Schulen angekündigt. Sie umfasst unter anderem eine zusätzliche Deutschstunde pro Woche für Grundschüler, um ihnen vor allem flüssiges Lesen und damit auch besseres Textverständnis beizubringen. Vorgesehen sind auch verbindliche jährliche «Sachstandstests», um das jeweilige Niveau der Schüler in Deutsch - wie auch in Mathematik - festzustellen. Auf dieser Grundlage soll der individuelle Förderbedarf festgelegt werden.

«Die Sprache ist essenziell, um den Unterricht verfolgen zu können und später gute Chancen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu haben», betonte Gräff. Dazu findet sich in dem CDU-Papier auch der Vorschlag, den Beginn des Ausbildungsjahres für Lehrlinge mit Sprachdefiziten um einen oder zwei Monate vorzuziehen, um diese Zeit intensiv für berufsbezogene Sprachförderung zu nutzen.

 

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