ADS/ ADHS - eine Modekrankheit?

Immer wieder geistert die Krankheit ADS (bzw. ADHS) durch die Medien und scheint mehr und mehr Menschen jeden Alters zu befallen. Doch was ist dran an ADHS: Mythos oder Wahrheit und wie äußert sich dieses gesundheitliche Phänomen eigentlich?

ADS/ ADHS - eine Modekrankheit?

Immer wieder geistert die Krankheit ADS (bzw. ADHS) durch die Medien und scheint mehr und mehr Menschen jeden Alters zu befallen. Doch was ist dran an ADHS: Mythos oder Wahrheit und wie äußert sich dieses gesundheitliche Phänomen eigentlich?

 

ADHS: Bedeutung und Symptome

Unter dem Begriff ADHS ist die „Aufmerksamkeitsdefizits- und Hyperaktivitätsstörung“ zu verstehen. ADHS ist eine Ansammlung verschiedener Symptome, die bei einem Betroffenen mehr und beim anderen weniger zur Ausprägung kommen können.

Zu den typischen ADHS-Symptomen bei Kindern zählen unter anderem:

  • Unaufmerksamkeit. Dem Kind fällt es sehr schwer, sich zu fokussieren und bei der Sache zu bleiben. Flüchtigkeitsfehler bei Schularbeiten sind ebenso typisch wie das Beginnen, aber nicht Beenden von Aufgaben. Das Kind hat Probleme damit, Aktivitäten und Aufgaben zu organisieren und Schulaufgaben innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens zu erledigen. Das Kind ist vergesslich und verliert immer wieder Dinge, die für Aktivitäten oder Aufgaben notwendig sind.
  • Hyperaktivität. Das Kind macht einen sehr zappeligen Eindruck und muss immer in Bewegung sein. Still sitzen fällt ihm folglich sehr schwer - auch in der Schule. Es hat einen großen Rededrang und beim Sprechen ist die Stimme übertrieben laut.
  • Impulsivität. Häufig ist das Verhalten des Kindes unberechenbar. Wenn es einen Entschluss fasst, wird dieser sofort ausgeführt, ohne jedoch an die möglichen Konsequenzen für sich oder andere zu denken. Noch ehe eine Frage vollständig gestellt wurde, gibt das Kind eine unüberlegte Antwort - sowohl in der Schule als auch in Gesprächen mit Gleichaltrigen oder Erwachsenen. Der Wunsch nach Belohnungen und Aufmerksamkeit ist überdurchschnittlich ausgeprägt. Dem Kind fällt es im Allgemeinen sehr schwer, sein eigenes Verhalten zu steuern und es fällt in vielen Situationen durch unangemessenes oder übertriebenes Verhalten auf. Begleitet wird dies durch Schwierigkeiten, das eigene Verhalten kritisch zu reflektieren.

Typische ADHS-Symptome bei Jugendlichen

In Kombination mit einem mangelhaft ausgeprägten Selbstbewusstsein kann ADHS in der Pubertät zu einem trotzigen Verhalten, zu Depressionen, Aggressionen und auch zu verstärkter Ängstlichkeit führen.

Dies versuchen betroffene Jugendliche mit einem übermäßig risikofreudigen Verhalten zu kompensieren, das beispielsweise zu Verkehrsunfällen im Straßenverkehr führen kann. Auch ein rebellisches Verhalten und Leistungsverweigerung stellen typische Begleiterscheinungen bei ADHS dar. Die betroffenen Jugendlichen fühlen sich oftmals als Außenseiter und suchen entsprechend Kontakt zu sozialen Randgruppen.

ADS oder ADHS?

ADHS und ADS unterscheiden sich im Hinblick auf den Faktor Hyperaktivität. Dieser kommt bei ADHS noch zusätzlich zu den Symptomen Impulsivität und Unaufmerksamkeit hinzu. Daher wurde ADHS vor einigen Jahren bzw. Jahrzehnten auch als „Zappelphilip-Syndrom“ bezeichnet. Kinder, die unter ADS ohne Hyperaktivität leiden, wirken dagegen eher in sich gekehrt und verträumt. Hier steht die Unaufmerksamkeit im Vordergrund.

Drei verschiedene Schweregrade

Abhängig von der Ausprägung der Symptome lässt sich ADHS in drei verschiedene Schweregrade einteilen.

Die Symptomatik ist bei leicht betroffenen Personen nur gering ausgeprägt. Sie können allgemein ihre spontanen Impulse weniger gut kontrollieren und können sich nicht so gut konzentrieren wie andere Personen, verfügen jedoch oft über eine gesteigerte Kreativität und haben ein gutes Auge für am Rande liegende Details. Psychosoziale Hilfestellung ist auch bei diesem Personenkreis wichtig, um die Entwicklung günstig zu beeinflussen und die problematischen Symptome abzuschwächen.

Personen, die mittelschwer von ADHS betroffen sind, klagen neben den direkten Schwierigkeiten mit der Aufmerksamkeit und der Impulskontrolle häufig unter Folgeerkrankungen. Auch wenn sie keine Störung des Sozialverhaltens oder andere soziale Auffälligkeiten entwickeln, sind Misserfolge in Schule, Privat- und Berufsleben wahrscheinlicher als bei gesunden Personen.

Personen, die schwer von ADHS betroffen sind, zeigen ein deutlich erhöhtes Risiko für das Entwickeln von Suchtverhalten und zeichnen sich häufig durch ein deutlich beeinträchtigtes Sozialverhalten aus. Ohne eine adäquate Behandlung sind sehr stark betroffene Kinder teilweise schwer in Gemeinschaften zu integrieren.

Behandlungsmöglichkeiten

Ziele der Behandlung sind zum einen die Kompensation von gegebenenfalls vorhandenen Begleitstörungen und der Ausbau sozialer Fähigkeiten. Darüber hinaus soll auch das individuell unterschiedlich ausgeprägte Potenzial der Betroffenen ausgeschöpft werden. Heutzutage weiß man, dass die Behandlung multimodal erfolgen soll. Dies bedeutet, dass mehrere Bausteine bei der Behandlung von ADHS zum Einsatz kommen sollen, wie beispielsweise eine medikamentöse Therapie und eine Psychotherapie. Auch Ergotherapien können sehr hilfreich sein. Der Schweregrad der Störung entscheidet letztlich, welche der einzelnen Bausteine verwendet werden.

Die beiden häufigsten Behandlungsoptionen bei ADHS sind die medikamentöse und die Verhaltenstherapie.

Medikamentöse Therapie

Am häufigsten kommen bei der medikamentösen Behandlung von ADHS Wirkstoffe zum Einsatz, mit denen sich die Übertragung von Signalen durch verschiedene Botenstoffe im Gehirn verstärken lässt, beispielsweise Methylphenidat (Ritalin, Medikinet). Das Ziel der medikamentösen Therapie ist es, die Selbststeuerungs- und Konzentrationsfähigkeit zu erhöhen und hierdurch die Einschränkungen im Alltag der Betroffenen zu reduzieren.

Dabei sind die Medikamente keineswegs unumstritten, denn sie können starke Nebenwirkungen mit sich bringen, wie etwa Schlafstörungen, Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit und Kopfschmerzen. Es ist daher von großer Bedeutung, für jeden individuellen Fall das passende Medikament zu finden und die genaue Dosierung unter ärztlicher Aufsicht einfühlsam und über einen längeren Zeitraum einzustellen.

Für stark betroffene Kinder und Jugendliche ist eine begleitende medikamentöse Therapie oft unabdingbar, um Schule und Alltag zu meistern.

Verhaltenstherapie

Hierbei geht es primär nicht darum, die vorhandene Symptomatik zu beheben, sondern dem Betroffenen Fähigkeiten an die Hand zu geben, um mit den ADHS-typischen Problemen und Besonderheiten im Alltag zurechtzukommen. 

Insbesondere bei jungen Patienten unter acht Jahren ist es bei verhaltenstherapeutischen Maßnahmen wichtig, auch die Eltern mit einzuschließen. Diese sollen sowohl Informationen zu ADHS erhalten als auch geeignete Übungen für das Kind erlernen, mit denen sich beispielsweise der schulische Alltag leichter bewältigen lässt.

ADHS – Eine erfundene Krankheit?

In den vergangenen Jahren kursierte immer wieder die Meinung in den öffentlichen Medien, dass es sich bei ADHS um eine erfundene bzw. konstruierte Erkrankung handele. Befürworter dieser These sind der Ansicht, dass Pharmakonzerne offensichtlich ein großes Interesse daran hätten, spezielle Medikamente auf den Markt zu bringen, mit denen sich ADHS bzw. deren Symptome behandeln ließen, mit dem Ziel, Umsätze zu generieren.

Zum Misstrauen gegenüber ADHS-Diagnosen trägt sicherlich auch deren inflationäre Ausstellung bei. Ein Bericht durch die Krankenkasse Barmer GEK kam zum Ergebnis, dass die Anzahl der ADHS-Diagnosen zwischen den Jahren 2006 und 2011 um mehr als 40 Prozent angestiegen sei. Dies wiederum führt zu der Annahme, dass ADHS zu leichtfertig und oftmals auch fälschlicherweise diagnostiziert werden könnte. Diese Meinung vertreten auch verschiedene Experten. Einen Grund für die möglicherweise zu leichtfertig gestellte Diagnose sehen sie darin, dass nicht alle Ärzte die vorhandenen Standards und Leitlinien ausreichend anwenden würden.

Es besteht jedoch auch in der Wissenschaft kein Zweifel daran, dass ADHS für betroffene Kinder und Jugendliche eine enorme Einschränkung im familiären, sozialen und schulischen Bereich darstellt, und dass diese Kinder Hilfe brauchen. Wenn Eltern, Ärzte, Psychologen und Schulen gut zusammenarbeiten, können für die betroffenen Kinder und Jugendlichen die besten Voraussetzungen geschaffen werden, um trotz ihrer Beeinträchtigung in der Schule und im Leben gut zurechtzukommen.

 

Autor: H.A. für SCHULEN.DE